Während des über 100-jährigen Bestehens des Deutschen Ledermuseums entwickelte sich ein Universalmuseum für Ledergestaltung, dessen Sammlung handwerkliche Fähigkeiten und künstlerische Kreativität aus sechs Jahrtausenden dokumentiert und präsentiert. Das Museum umfasst heute Gebrauchs- und Luxusgegenstände vom Kunsthandwerk und Design über Mode bis hin zu Objekten der Alltagskultur.

Ausgehend vom ältesten Exponat, einem ägyptischen Behältnis aus dem vierten Jahrtausend v. Chr., spannt sich der Bogen von mittelalterlichen Buchfutteralen und Minnekästchen, Rüstungen der Samurai und afrikanischen Schilden über kunstvoll gearbeitete Luxusobjekte wie Goldledertapeten adeliger und großbürgerlicher Haushalte des 17. und 18. Jahrhunderts bis hin zu Objekten aus veganen und lederähnlichen Ersatzmaterialien. Repräsentative, höfische Schaustücke, funktionale Alltagsgegenstände, Bekleidung und Trachten, Werkzeuge und Objekte aus religiösen und zeremoniellen Kontexten sowie Gegenstände der Jagd und Kriegsführung ergänzen den Bestand. Eine umfangreiche Taschensammlung bildet die Entwicklung der (Hand-)Tasche vom ausgehenden Mittelalter bis heute ab. Bemerkenswert ist auch die Vielfalt an asiatischen Schattenspielfiguren aus Pergament und Rohhaut.

Eine Spezialsammlung von Weltrang: Das Deutsche Schuhmuseum

Einen besonderen Schwerpunkt bildet die hochkarätige Schuhsammlung des Deutschen Ledermuseums, die über 10.000 Exponate aus verschiedenen Materialien – nicht nur aus Leder – umfasst. Neben Kreationen namhafter Designer*innen etwa von Beth Levine, Roger Vivier oder Vivienne Westwood vereint der einzigartige Bestand Schuhwerk aus vier Jahrtausenden und zeichnet die kulturübergreifende Entwicklung und Bedeutung der Fußbekleidung nach. Stiefel aus der Zeit des Römischen Reichs, venezianische Plateauschuhe des späten 15. Jahrhunderts, perlenbestickte Mokassins aus Nordamerika oder Hammam-Stelzsandalen aus Damaskus gehören ebenso zum Schuh-Spektrum wie die eleganten Seidenstiefel der Kaiserin Elisabeth von Österreich und die Turnschuhe von Joschka Fischer, mit denen er im Dezember 1985 zum ersten hessischen Umweltminister der Grünen vereidigt wurde. Zu finden sind aber auch vegane Sneaker aus recycelten Plastikabfällen. Musterstücke, Leisten und Schuhmacherwerkzeuge, Zunftgeräte, grafische Arbeiten und Plakate ergänzen thematisch diesen wichtigen Bereich.

Erstes Objekt und die Idee eines Universalmuseums

Die Sammlung des Deutschen Ledermuseums basiert auf dem privaten Kauf dreier Lederobjekte, die der Architekt und spätere Museumsgründer Hugo Eberhardt (1874–1959) bei einer Urlaubsreise 1912 in Südtirol erwarb. Eine barocke, im Lederschnitt gefertigte Truhe aus dem 16. Jahrhundert und zwei weitere kleinere Lederobjekte bilden den Grundstock für ein Museum, das sich ausschließlich dem Material Leder widmen sollte.

Im Jahr 1917 richtete Hugo Eberhardt an den Technischen Lehranstalten (heute Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach), denen er seit 1907 als Leiter vorstand, eine Lehr- und Mustersammlung für die Fachklasse Leder des kunstgewerblichen Zweigs ein. Historische Vorbildsammlungen dieser Art gehen auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück und waren häufig an (Kunst-)Gewerbeschulen angegliedert, aus denen oftmals Museen für Kunstgewerbe oder Angewandte Kunst hervorgingen. Auch die Sammlung des Deutschen Ledermuseums steht in dieser Tradition.

Der Intention des Gründungsdirektors folgend ist das Sammlungskonzept von Beginn an nicht auf lokal produzierte Erzeugnisse begrenzt, sondern global ausgerichtet. Im Verlauf der letzten 100 Jahre entstand eine einzigartige und vielseitige Sammlung von Objekten aus verschiedenen Epochen und allen Erdteilen.

Leder als Material

Leder ist ein vielseitiger Werkstoff, der durch die Gerbung von unbehandelten Tierhäuten gewonnen wird. Beim Gerbprozess wird die Haut konserviert, ohne dass ihre Eigenschaften wie Geschmeidigkeit, Elastizität und Reißfestigkeit verloren gehen. Grundsätzlich können alle Felle und Häute, auch die von Fischen, Amphibien oder Vögeln, gegerbt werden. Am häufigsten wird aber die Haut von Säugetieren wie Rind und Schaf für die Lederproduktion verarbeitet. Leder von Schlangen, Echsen und Krokodilen werden als Reptilienleder bezeichnet und dürfen nach dem von Deutschland 1976 unterzeichneten Washingtoner Artenschutzübereinkommen nur unter besonderen Auflagen gehandelt werden.

Neben dem individuellen Erscheinungsbild einer Haut bietet das Material Leder viele Gestaltungsmöglichkeiten von der Einfärbung bis hin zu speziellen künstlerischen Techniken der Lederverzierung wie Prägung, Vergoldung, Lederschnitt sowie Relief- und Mosaiktechniken.

Unter dem Begriff ,artverwandte Materialien‘ werden zum einen Rohhäute – enthaarte und getrocknete, aber nicht gegerbte Tierhaut wie Pergament oder Darm – und zum anderen zu Pelzen zugerichtete Felle gefasst. Auch das Gefieder von Vögeln zählt zu den artverwandten Materialien. Exponate aus tierischen Bestandteilen wie Seide, Bein oder Perlmutt sind ebenso Teil der Sammlung.

Das Deutsche Ledermuseum beherbergt ferner Objekte aus ,alternativen Materialien‘, die in ihrem Aussehen und ihren Eigenschaften Leder imitieren oder durch vegane Alternativen ersetzen. Dabei konzentriert sich die Sammlung weniger auf synthetisches Kunstleder, sondern mehr auf innovative Materialien, die entweder aus recycelten Kunststoffen oder aus natürlichen Komponenten bestehen. Der Bestand umfasst beispielsweise Exponate aus biologisch abbaubaren Materialien wie Papier, Kork, Pilz, Piñatex® (Ananasfasern) oder Eukalyptus- und Teakbaumblätter.

Bibliothek

Das Deutsche Ledermuseum verfügt über eine wissenschaftliche Bibliothek mit über 8.000 Medieneinheiten, die von interessierten Privatpersonen und Forschenden nach Voranmeldung kostenlos zu Recherchezwecken vor Ort einsehbar ist.

Weitere Informationen finden Sie im Internetportal der Frankfurter Museumsbibliotheken.